Nicht alle Erben sind in der glücklichen Situation, sich aussuchen zu können, ob sie eine geerbte Immobilie lieber behalten oder veräußern möchten. Gerade in Erbengemeinschaften kann ein Verkauf aus wirtschaftlichen Gründen oder bei Streit über die Verwendung der Immobilie unausweichlich sein. Wenn Sie aber frei wählen können, sollten Sie in Ruhe die Vorteile eines Verkaufs gegen die Vorteile des Behaltens abwägen. Die folgenden Ausführungen geben Ihnen dazu einige Denkanregungen in beide Richtungen.
Geplante Nutzung
Zunächst sollten Sie sich im Klaren darüber sein, welche verschiedenen Nutzungsszenarien es für die Immobilie in Zukunft geben kann. Möchten Sie die Immobilie vielleicht selbst als Hauptwohnsitz nutzen oder vielleicht nur als Wochenend- oder Ferienimmobilie? Oder könnten Sie sich vorstellen die Immobilie zu vermieten?
Kommen Sie zu dem Ergebnis, die Immobilie grundsätzlich selbst nutzen zu wollen, prüfen Sie einmal, mit welchen regelmäßigen Kosten dies verbunden ist. Neben den laufenden Kosten wie z.B. den Grundbesitzabgaben, den Kosten für Energie-, Strom- und Wasser sowie für Versicherungen und Schornsteinfeger, sollten Sie außerdem angemessene Aufwendungen für erforderliche Sanierungen berücksichtigen. Befinden Sie sich in einer Erbengemeinschaft, so müssen Sie Ihre Miterben im Zweifel ausbezahlen. Erwerben Sie als Erbe die Immobilie von der Erbengemeinschaft, so können Sie von einer Grunderwerbssteuerbefreiung profitieren Entscheiden Sie sich gegen eine Eigennutzung, kommt aber eine Vermietung in Betracht, so gilt es, weitere Punkte zu beachten:
Langfristige Vermietbarkeit sichergestellt?
Prüfen Sie vor Ihrer Entscheidung, ob die Immobilie voraussichtlich langfristig vermietbar ist. Diese Frage hängt von vielen Faktoren ab, aber am wichtigsten ist zunächst die Lage der Immobilie, denn diese ist nicht veränderbar. Idealerweise handelt es sich um eine Umgebung, deren Bevölkerung wächst. Dies ist vor allem in Regionen der Fall, in denen wachstumsstarke, Unternehmen angesiedelt sind, deren Mitarbeiter sich aufgrund ihres Verdienstes die Anmietung einer entsprechenden Immobilie leisten können. Schrumpft die Bevölkerung hingegen, so kann es zu einem Überangebot an Mietimmobilien und einer damit einhergehenden schlechteren Vermietbarkeit kommen. Prüfen Sie außerdem die Attraktivität der nahen Umgebung Ihrer Immobilie: Wie ist die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr? Wie ist die Nahversorgung? Ist die Umgebungsbebauung ansprechend? Ist die Immobilie von Lärmquellen oder sonstigen Emissionen belastet? Anhand dieser Faktoren können Sie sich selbst ein Bild zeichnen, ob die Anmietung Ihrer Immobilie für potenzielle Mieter nachhaltig attraktiv ist.
Sanierungen erforderlich?
Ebenfalls relevant für die Entscheidung, ob ein Verkauf sinnvoll ist oder nicht, ist der Zustand der Immobilie. Kündigen sich größere Sanierungen an, wie z.B. das Dach, die Sanitäranlagen, die Heizung, die Fenster oder Ähnliches, ist zu prüfen, ob diese aus den laufenden Mieteinnahmen bzw. ggf. Mieterhöhungen finanziert werden können. Denn wenn die Kosten der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen die Mieteinnahmen übersteigen, haben Sie diese als Eigentümer (ggf. anteilig) selbst zu tragen.
In diesem Zusammenhang ist auch die Art der Immobilie nicht unerheblich. Häufig werden Einfamilienhäuser vererbt, die sich zur Vermietung aus wirtschaftlicher Sicht nicht immer gut eignen. Denn bei einem Einfamilienhaus haben Sie als Vermieter den Nachteil, die gesamte Instandhaltung über einen einzigen Mieter erwirtschaften müssen. Ferner sammelt sich das Mietausfallrisiko bei einem einzigen Mieter. Einfamilienhäuser sind zudem in der Regel größer als durchschnittlich große Mietwohnungen und erzielen daher zumeist geringere Quadratmetermieten.
Eine einzelne Wohnung ist Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft, so dass die das Gemeinschaftseigentum betreffenden Sanierungen von der Gemeinschaft gemeinsam getragen werden. Dafür steht zunächst die von der Gemeinschaft angesparte Instandhaltungsrücklage zur Verfügung. Stehen Sanierungen unmittelbar bevor kann es allerdings zu einer erhöhten Sonderumlage kommen, wenn die Sanierungskosten nicht von der vorhandenen Instandhaltungsrücklage gedeckt ist und die Gemeinschaft diese trotzdem beschlossen hat. Diese müssen Sie als Vermieter dann selbst tragen und können sie gegebenenfalls nicht auf Ihre Mieter umlegen.
Bei einem Mehrfamilienhaus kann die Instandhaltung durch die Mietzahlung mehrerer Mieter erwirtschaftet werden. Dadurch ist das Mietausfallrisiko anders als bei einem Einfamilienhaus oder einer einzelnen Eigentumswohnung diversifiziert. Im Allgemeinen sollten Sie darauf vorbereitet sein, kurzfristig zwingend erforderliche Sanierungen zunächst selbst tragen zu können, z.B. wenn eine Heizung im Winter ausfällt und ersetzt werden muss, da eine Reparatur sich nicht mehr lohnt.
Um die erforderlichen Sanierungen einschätzen zu können, sollten Sie zu Beginn eine technische Bestandsaufnahme durchführen und idealerweise jedes einzelne Gewerk auf seine Sanierungsbedürftigkeit überprüfen. Anstehende Sanierungen können Sie so im Vorfeld in Ihre Überlegungen mit einbeziehen.
Zeitaufwand
Überlegen Sie weiterhin, ob Sie den erforderlichen Zeitaufwand für die Verwaltung der Immobilie aufbringen möchten. Kalkulieren Sie Mieterwechsel und Neuvermietung, die Beauftragung oder Durchführung von Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen ebenso ein wie die Erstellung von Nebenkostenabrechnungen, die Mieteingangskontrolle und die Bearbeitung von Anfragen Ihrer Mieter. Auch wenn gelegentlich dieser Eindruck entsteht, ist die Bewirtschaftung eines vermieteten Objekts vom Zeitaufwand her nicht zu vergleichen mit einer festverzinslichen Kapitalanlage. Selbstverständlich haben Sie auch die Möglichkeit, viele der erforderlichen Tätigkeiten von einer Hausverwaltung durchführen zu lassen. Kalkulieren Sie deren Kosten dann aber in Ihre Wirtschaftlichkeitsberechnung mit ein. Für einen Verkauf könnte unter Umständen auch sprechen, dass die Immobilie so weit entfernt liegt, dass Sie weder die Bewirtschaftung noch die Beaufsichtigung einer Immobilienverwaltung sinnvoll selbst durchführen können und möchten.
Eigene finanzielle Planung und Alternativen
Schließlich sind Ihre finanzielle Planung und die vorhandenen Alternativen entscheidend. Prüfen Sie dazu zunächst die Rendite Ihrer Immobilie. Die prozentuale Nettorendite können Sie errechnen, indem Sie die Jahreskaltmiete abzüglich aller Kosten (z.B. für Instandhaltung, Verwaltung, Neuvermietung etc.) durch den Wert der Immobilie teilen und dann mit 100 multiplizieren. Nun können Sie die Immobilie mit anderen Immobilien oder anderen Kapitalanlagen vergleichen. Vielleicht kommen Sie zu dem Ergebnis, dass Sie eine gute und sichere Rendite erwirtschaften und keine bessere Alternative sehen. Oder Sie haben bereits eine andere Immobilie mit besserer Rendite oder eine vollkommen andere Kapitalanlage im Auge, die sie durch den Verkauf Ihrer geerbten Immobilie erwerben könnten. Vielleicht möchten Sie mit dem Verkaufserlös aber auch vollkommen andere Ziele verwirklichen, z.B. Ihre Kinder beim Erwerb einer eigenen Immobilie unterstützen oder karitative Zwecke verfolgen.