Der Gesetzgeber sieht Immobilien und Grundstücke grundsätzlich als „allgemeine Gefahrenquelle“ und fordert vom Eigentümer alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern. Geht eine Immobilie nach dem Tod eines Erblassers in den Besitz der Erben über, sind diese unmittelbar für die Verkehrssicherung sowohl der Immobilie als auch des Grundstücks verantwortlich. Es ist also dringend erforderlich, dass sie sich unmittelbar nach dem Erbfall über den Zustand informieren und notwendige Sicherungsmaßnahmen treffen.
Insbesondere die Gesundheit und Eigentum sind vom Gesetzgeber geschützt (§ 823 BGB). Ein Beispiel: Vor einer gerade vererbten Immobilie hat ein Auto geparkt. Das Dach der Immobilie ist offensichtlich marode. Einer der Dachziegel löst sich und schlägt in der Windschutzscheibe des Autos ein, diese zerspringt, das Fahrzeug wird massiv beschädigt. Die Erben hätten das Dach soweit in Stand bringen und dadurch den Unfall verhindern müssen. Da sie ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen sind, kann der Eigentümer des Fahrzeuges Schadensersatzansprüche gegen die Erben geltend machen.
Welche Pflichten haben Erben zur Erfüllung der sogenannten Verkehrssicherung? In welchen Fällen sind Erben für Schäden haftbar, die durch die geerbte Immobilie verursacht werden? Wie können Sie sich vor Schadensersatzansprüchen schützen?
Welche Verkehrssicherungspflichten im Zusammenhang mit Immobilien gibt es?
Die Verkehrssicherungspflichten beziehen sich vor allem auf alle allgemein zugänglichen Bereiche eines Grundstücks oder einer Immobilie und gelten nur gegenüber Personen, die befugt sind, sich dort aufzuhalten, beispielsweise Mieter, Besucher, oder Postboten. Besondere Sicherungspflichten haben Eigentümer gegenüber Kindern.
Entschließt sich der Eigentümer dazu, sein Grundstück einzuzäunen, ist er zu verschiedenen Vorsichtsmaßnahmen verpflichtet. Grundsätzlich sollte eine möglichst ungefährliche Umgrenzung gewählt werden. Werden dennoch beispielsweise Stacheldraht oder Dornenhecken verwendet, müssen diese regelmäßig auf Unversehrtheit geprüft werden. Wohnen Kinder in der Nähe muss außerdem unbedingt darauf geachtet werden, dass keine gefährlichen Umzäunungen gewählt werden, wie beispielsweise Sträucher mit giftigen Beeren oder gefährlicher NATO-Draht. Erben, die bei einer geerbten Immobilie eine solche Umzäunung vorfinden, sollten sie unbedingt entfernen und durch ungefährlichere Umgrenzungen ersetzen.
Auch Büsche und Bäume, die auf dem Grundstück stehen, müssen auf ihre Standfestigkeit und möglicherweise abbrechende Äste kontrolliert werden.
Außerdem müssen Geh- und Zugangswege kontrolliert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass es auf den Wegen keine Hindernisse oder Unebenheiten gibt, lockere Stufen bei Treppen müssen befestigt werden und sowohl die Wege als auch der Eingangsbereich der Immobilie müssen beleuchtet sein.
Im Eingangsbereich und im Treppenhaus insbesondere bei Mietobjekten müssen Geländer, Stufen und Beleuchtung regelmäßig geprüft und dafür gesorgt werden, dass die Außentreppe rutschfest ist.
Wie im eingangs beschriebenen Beispiel muss auch das Dach gesichert werden. Lockere Dachziegel, marode Regenrinnen und Antennen müssen ausgetauscht werden. Nicht fest montierte Blumenkästen, z.B. auf Balkonen sollten vermieden werden.
Auch technische Anlagen, wie beispielsweise Alarmanlagen, Eingangs- oder Garagentore müssen Eigentümer regelmäßig prüfen.
In den Wintermonaten ist außerdem die Räum- und Streupflicht von besonderer Bedeutung. Die Streupflicht beginnt mit Einsetzen des Tagesverkehrs und endet am Abend. In der Regel reicht es, zwischen sieben Uhr morgens und acht Uhr abends zu streuen. In dieser Zeit müssen Eigentümer gewährleisten, dass Ein- und Ausgänge der Immobilie gefahrlos genutzt werden können. Auch ein Gehweg für Fußgänger sowie Zugangswege zum Grundstück müssen geräumt werden.
Können Eigentümer die Verkehrssicherungspflicht auch auf Dritte übertragen?
Grundsätzlich ist der Eigentümer zur Verkehrssicherung verpflichtet. Einzige Ausnahme sind Räume, die allein von Mietern genutzt werden. Innerhalb dieser Räume muss der Mieter für die Instandhaltung und dafür sorgen, dass er und mögliche Gäste sicher sind.
Allerdings kann der Eigentümer seine Verkehrssicherungspflichten durch eine klare Vereinbarung auf den Mieter übertragen. Doch auch nach Abschluss einer solchen Vereinbarung muss der Eigentümer regelmäßig und in angemessenem Umfang kontrollieren, ob der Mieter seine Verpflichtung auch erfüllt. Nur, wenn er dieser Kontrolle gewissenhaft nachkommt, kann er sich im Ernstfall von Schadensersatzansprüchen entlasten und den Mieter allein haftbar machen (sog. sorgfältige Auswahl eines Verrichtungsgehilfen, § 831 BGB).
Ein Sonderfall tritt ein, wenn eine Person, die zum Vermieter in einer vertraglichen Beziehung steht, verletzt wird, beispielsweise ein weiterer Mieter in einem Mehrfamilienhaus. In diesem Fall haftet der Vermieter auch bei Übertragung der Verkehrssicherungspflichten uneingeschränkt gegenüber dem Geschädigten (sog. Haftung für Erfüllungsgehilfen, § 278 BGB)