Ver­stirbt ein Fami­li­en­mit­glied oder guter Freund, sind die Hin­ter­blie­be­nen oft in einer emo­tio­na­len Aus­nah­me­si­tua­ti­on. In der aku­ten Trau­er­pha­se ist es häu­fig schwie­rig, einen kla­ren Kopf für die Rege­lung des Nach­las­ses zu bewah­ren. Doch gra­de in die­ser Situa­ti­on ist es wich­tig, ers­te Schrit­te ein­zu­lei­ten, um kei­ne wich­ti­gen Fris­ten zu ver­säu­men und gege­be­nen­falls ein Erbe antre­ten zu müs­sen, das nicht gewünscht ist. Im fol­gen­den Arti­kel erfah­ren Sie, wor­auf Sie ach­ten müs­sen:

Gibt es ein Tes­ta­ment oder gilt die gesetz­li­che Erb­fol­ge

Vie­le Erb­las­ser hin­ter­las­sen ein Tes­ta­ment, in dem sie die Ver­tei­lung ihres Nach­las­ses bestim­men. Es ist auch mög­lich, dass ein Erb­las­ser meh­re­re Tes­ta­men­te hin­ter­lässt. Jeder, der im Besitz eines sol­chen Tes­ta­ments ist, ist ver­pflich­tet, es beim Amts­ge­richt (Nach­lass­ge­richt) abzu­ge­ben, sobald er vom Tod des Erb­las­sers erfährt. Lie­gen meh­re­re Tes­ta­men­te vor, ist es mög­lich, dass eini­ge voll­stän­dig oder teil­wei­se unwirk­sam sind. Unab­hän­gig davon müs­sen alle Schrift­stü­cke, die als Tes­ta­ment die­nen, ein­ge­reicht wer­den. Nur so kann das Nach­lass­ge­richt das Tes­ta­ment eröff­nen und des­sen Inhalt ver­kün­den. Ist das Gericht von der Wirk­sam­keit eines Tes­ta­ments über­zeugt, stellt es auf die­ser Grund­la­ge einen Erb­schein für die Erben aus.

Hin­ter­lässt der Erb­las­ser kein Tes­ta­ment, gilt die gesetz­li­che Erb­fol­ge. Die­se rich­tet sich nach den §§ 1924 ff. BGB. Im Wesent­li­chen folgt das BGB bei der gesetz­li­chen Erb­fol­ge einem sog. Ord­nungs­sys­tem. Die Ver­wand­ten des Erb­las­sers sind in ver­schie­de­ne Ord­nun­gen ein­ge­stuft, bei denen die Ver­wand­ten einer vor­her­ge­hen­den Ord­nung bei der Erb­fol­ge vor Ver­wand­ten in einer nach­ge­hen­den Ord­nung bevor­zugt wer­den.

Vor­ran­gig erben die Abkömm­lin­ge des Erb­las­sers, also sei­ne Kin­der und die Kin­der der Kin­der (Erben ers­ter Ord­nung, § 1924 BGB). Dabei schließt ein zur Zeit des Erb­falls leben­der Abkömm­ling die durch ihn mit dem Erb­las­ser ver­wand­ten Abkömm­lin­ge von der Erb­fol­ge aus. Stirbt z.B. ein Groß­va­ter und leben sei­ne bei­den Kin­der noch, so wird er nur von ihnen beerbt, nicht aber von sei­nen Enkeln. Ist aber ein Abkömm­ling zur Zeit des Erb­falls schon ver­stor­ben, so beer­ben anstel­le von die­sem die durch ihn mit dem Erb­las­ser ver­wand­ten Abkömm­lin­ge den Erb­las­ser. Ver­stirbt also der Groß­va­ter und ist eines sei­ner Kin­der bereits vor ihm gestor­ben, so tre­ten die Kin­der die­ses Kin­des, also die Enkel des Groß­va­ters, an die Stel­le des bereits gestor­be­nen Kin­des und beer­ben den Groß­va­ter.

Zweit­ran­gig erben die Eltern des Erb­las­sers und deren Abkömm­lin­ge (also die Geschwis­ter, Nef­fen und Nich­ten usw. des Erb­las­sers), das aber nur wenn kein ein­zi­ger Abkömm­ling des Erb­las­sers vor­han­den ist, z.B. wenn der Erb­las­ser kin­der­los ver­stor­ben ist (Erben zwei­ter Ord­nung, § 1925 BGB). Hier­bei erben die Eltern allein, wenn sie noch bei­de leben. Ist ein Eltern­teil bereits ver­stor­ben, so tre­ten an des­sen Stel­le die Kin­der und Kin­des­kin­der. Hier­bei gilt wie­der, dass leben­de Kin­der die durch sie mit dem Eltern­teil ver­wand­ten Kin­der von der Erb­fol­ge aus­schlie­ßen. Erben drit­ter Ord­nung sind dann die Groß­el­tern des Erb­las­sers und deren Abkömm­lin­ge, § 1926 BGB, Erben vier­ter Ord­nung sind die Urgroß­el­tern des Erb­las­sers und deren Abkömm­lin­ge, § 1928 BGB.

Wich­tig ist auch das gesetz­li­che Erbrecht des über­le­ben­den Ehe­gat­ten des Erb­las­sers, § 1931 BGB. Der über­le­ben­de Ehe­gat­te ist danach neben Ver­wand­ten der ers­ten Ord­nung zu einem Vier­tel und neben Ver­wand­ten der zwei­ten Ord­nung oder neben Groß­el­tern des Erb­las­sers zur Hälf­te der Erb­schaft als gesetz­li­cher Erbe beru­fen. Sind weder Ver­wand­te der ers­ten oder der zwei­ten Ord­nung noch Groß­el­tern des Erb­las­sers vor­han­den, so steht dem über­le­ben­den Ehe­gat­ten die gesam­te Erb­schaft zu.

Erb­schaft anneh­men oder aus­schla­gen?

Mit dem Tod des Erb­las­sers geht die Erb­schaft unmit­tel­bar und ohne deren Mit­wir­ken auf die Erben über. Aller­dings steht es den Erben frei, die Erb­schaft anzu­neh­men oder aus­zu­schla­gen (§ 1953 Abs. 1 BGB). Lehnt ein Erbe eine Erb­schaft ab, so spie­len meist wirt­schaft­li­che Grün­de eine Rol­le. War der Erb­las­ser bei­spiels­wei­se hoch ver­schul­det, so kann ein Erbe durch das Aus­schla­gen der Erb­schaft ver­hin­dern, selbst für die Schul­den haft­bar gemacht zu wer­den. Gehö­ren zum Nach­lass aber auch Gegen­stän­de, an denen ein Erbe hängt, mit denen er für ihn wich­ti­ge Erin­ne­run­gen ver­bin­det, wie bei­spiels­wei­se das Eltern­haus, kön­nen emo­tio­na­le Grün­de aus­schlag­ge­bend sein, ein Erbe trotz­dem anzu­neh­men. In die­sem Fall soll­te sich der Erbe vor­her Gedan­ken machen, ob und wie er die Schul­den des Erb­las­sers finan­zie­ren kann.

Was muss der Erbe tun, der die Erb­schaft aus­schla­gen will?

Will ein Erbe die Erb­schaft aus­schla­gen, muss er dies inner­halb von sechs Wochen gegen­über dem Nach­lass­ge­richt erklä­ren (§ 1945 Abs. 1 BGB, § 1944 Abs. 1 BGB). Das Nach­lass­ge­richt ist das Amts­ge­richt (§ 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 GVG), bei dem die Erklä­rung ent­we­der „zur Nie­der­schrift des Nach­lass­ge­richts“ münd­lich vor­ge­tra­gen und dort von einem befug­ten Bediens­te­ten auf­ge­schrie­ben wird. Oder der Erbe reicht ein Schrei­ben in „öffent­lich beglau­big­ter Form“ ein, das er selbst ver­fasst und unter­zeich­net hat und anschlie­ßend von einem Notar beglau­bi­gen lässt.

Die sechs­wö­chi­ge Frist, inner­halb derer die Erklä­rung abge­ge­ben wer­den muss, beginnt mit dem Zeit­punkt, an dem der Erbe erfährt, dass er erben soll, frü­hes­tens aber mit Bekannt­ga­be des Tes­ta­ments durch das Nach­lass­ge­richt (§ 1944 Abs. 2 BGB). Dem Erben müs­sen also der Tod des Erb­las­sers sowie sei­ne Stel­lung als Erbe bekannt sein, damit der Ablauf der Frist beginnt.

Was pas­siert, wenn der Erbe in der sechs­wö­chi­gen Frist die Aus­schla­gung nicht erklärt?

Die sechs­wö­chi­ge Frist gibt Erben die Mög­lich­keit, in Erfah­rung zu brin­gen, was die Erb­schaft umfasst: bei­spiels­wei­se ob Immo­bi­li­en ver­erbt wur­den, oder ob der Ver­stor­be­ne hohe Schul­den hin­ter­lässt. Auf die­ser Grund­la­ge kann der Erbe dann sei­ne Ent­schei­dung über Annah­me oder Aus­schla­gung tref­fen. Ist die Frist abge­lau­fen, gilt die­se als ange­nom­men und kann nicht mehr aus­ge­schla­gen wer­den (§ 1943 BGB).

Was muss der Erbe tun, der die Erb­schaft anneh­men will?

Um eine Erb­schaft anzu­neh­men, reicht es, die Frist zur Aus­schla­gung ver­strei­chen zu las­sen. Die Annah­me muss anders als die Aus­schla­gung nicht aus­drück­lich erklärt wer­den und ist an kei­ne bestimm­te Form gebun­den.

Was soll­te der Erbe, der noch kei­ne Ent­schei­dung über die Annah­me oder Aus­schla­gung gefasst hat, ver­mei­den?

Ist ein Erbe unsi­cher, ob er die Erb­schaft anneh­men möch­te, soll­te er eine so genann­te „Annah­me durch schlüs­si­ges Ver­hal­ten“ inner­halb der sechs­wö­chi­gen Frist, auch „kon­klu­den­te Annah­me“ genannt, ver­mei­den. Das bedeu­tet, dass davon aus­ge­gan­gen wird, dass ein Erbe die Erb­schaft anneh­men möch­te, wenn er sie bei­spiels­wei­se ver­kauft oder er einen Erb­schein bean­tragt. Durch eine sol­che kon­klu­den­te Annah­me ver­liert der Erbe sein Recht auf Aus­schla­gung eben­so wie mit Ver­strei­chen der sechs­wö­chi­gen Frist zur Aus­schla­gung.